Der Grundsatz der Europäischen Union (EU) steht im Einklang mit der Realdemokratie. Es versucht die Interessen des europäischen Volkes zu behandeln. Betrachtet man Europa aus historischer Sicht, werden wir feststellen, dass zwischen den vielen Ländern Vieles verbindet.
Die vielen Herrscher der letzten zwei Jahrtausende haben die Grenzen laufend verändert. Die meisten Länder haben somit gemeinsame Vergangenheitsabschnitte und haben sich laufend gegenseitig beeinflusst. Die Kulturen sind sehr ähnlich geprägt.
Der Gedanke die Länder Europas gemeinsam zu gestalten ist daher nachvollziehbar. Das erste positive Ergebnis der bereits gemeinsam führenden Politik, ist die lange Friedenszeit zwischen den gemeinsam agierenden Ländern. Durch die Bildung immer mehr Gemeinsamkeiten, wie z. B. die Währung oder einheitliche Gesetze, verschwinden Zug um Zug die Differenzen über die man streiten kann. Wichtig ist auch hier, das diese Neubestimmung dem Wille der Völker entspricht. Die Entscheidung aus mehreren Völker ein Volk zu werden, sollte aber von den Menschen selber getroffen werden.
Die Akzeptanz wäre grösser. Entscheidungen die vom Volk getragen werden lassen sich auch besser verteidigen.
Leider entwickelt sich die anfänglich gute Idee zu einem Verhandeln von Interessen zwischen den Regierungen, die meist nicht in Rücksprache mit der Bevölkerung erfolgen. Dadurch wird immer öfter die EU in Frage gestellt. Jede Gelegenheit, die sich bietet, gegen die Allmacht der Europäischen Union vorzugehen, wird genutzt. Das jüngste Beispiel war die Europäische Verfassung. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob sie gut oder schlecht erarbeitet wurde. Es geht um den Protest wegen der erneuten mangelnden Aufklärung. Die Maßnahmen, die dann getroffen wurden, sind eine weitere Ohrfeige: Die abgelehnte Europäische Verfassung wird in Vertrag von Lissabon umbenannt. Jetzt braucht das Volk nicht mehr gefragt zu werden.
Die immer wiederkehrende Argumentation, die Bevölkerung sei nicht in der Lage komplexe Entscheidungen zu treffen, sichert die weitere Verfolgung dieser Vorgehensweise. Wahrscheinlich ist die Aussage nicht einmal falsch. Der Ursache liegt in der über Jahrzehnte dem Volk entzogene Verantwortung und fehlendes direktes Mitspracherecht. Die Themen wurden nie entscheidungsreif aufgearbeitet, sodass ein großer Teil der Bevölkerung das Mitdenken und Nachvollziehen verlernt hat. Dieser Effekt entwickelt sich aber jetzt zum Negativen. Wenn nun ein Urteil vom Volk getroffen werden muss, so handelt die Mehrheit nach seinen Gefühlen bzw. nach seinem aufgenommenen Verständnis.
Es ist bedauerlich, dass eine so gute Idee, die Europa in der Welt stärken sollte und als Vorbild dienen könnte, durch einzelne Regierungen in Gefahr gebracht wird. Die wirtschaftlichen Überraschungen einzelner Länder, wie Griechenland, Irland und Portugal, zeigen wie wenig transparent deren Wirtschaft und politisches Handeln ist. Der fahrlässige Umgang mit Steuern und die mangelnde Bereitschaft auf Wohlstand zu verzichten, und so über die Verhältnisse zu leben, bringen das Vertrauen in die EU stark ins Wanken. Die jeweiligen Völker wurden nicht ausreichend informiert, sondern nur ein Wohlstand vorgegaukelt, um wiedergewählt zu werden. Es ist verständlich das z. B. das griechische Volk gegen die “Management”€-Fehler der Politiker protestiert, denn sie sind es, die alles ausbaden müssen. Jetzt kann man sagen, sie hätten ja die Regierungen gewählt. Die Frage wäre dann: Inwieweit konnte sich das Volk in Entscheidungen einbringen?
In Europa finden jährlich immer häufiger Demonstrationen statt. Die Teilnehmerzahl nimmt dabei stetig zu. Der Unmut der Bevölkerung gegenüber der praktizierten Politik wird immer deutlicher. Viele Bürger sehen ihre Interessen in der Politik nicht mehr vertreten. Die vielen Parteienwechsel in den Regierungen mit der Hoffnung auf Verbesserung hat nicht die erwarteten Reformen gebracht. Bisher hat sich die Bevölkerung mit ihrer Unzufriedenheit zurückgehalten. Der bisher erreichte Wohlstand hat dafür gesorgt. Zu “vorübergehenden”€ Einschnitte ist man bereit, wenn dadurch der Lebensstandard stabil gehalten werden kann.
Erst mit der Bankenkrise 2008/2009 wurde deutlich, dass die Einschnitte nur dazu dienen, Fehler von Managern und Politikern zu korrigieren, um dann wieder zum alten System zurück zu kehren. Die Wirtschaft läuft wieder. Alles wird, auch Dank der nicht mehr wahrgenommenen Verantwortung der Medien, vergessen. Die Medien berichten nur noch, was ohnehin nicht zu verheimlichen ist oder hohe Einschaltquoten bzw. Auflagenzahlen erzielt. Die wenigen engagierten Journalisten werden unterdrückt. Ohne großes Aufsehen können die politischen und wirtschaftlichen Machthaber wieder aufatmen. Das Dreiergespann Politik-Wirtschaft-Presse arbeitet einwandfrei zusammen. Es wird nur soviel berichtet, wie es für den Anschein einer funktionierenden Demokratie reicht.
Die Regierungen sind durch ihre Verflechtungen mit der Wirtschaft zu schwach, um etwas zu unternehmen. Die Lobbyisten haben hinter den Kulissen deutlich an Macht gewonnen. Hier ein Beispiel:
http://www.presseurop.eu/de/content/article/282841-gefangen-der-lobbyistenfalle
Nur das Volk in Europa kann diese Situation beenden und es hat damit angefangen.
Warum funktioniert die Schweizer Wirtschaft, obwohl in 2015 der sehr schwache Euro den Schweizer Franken zu einen der teuersten Währungen macht? Obwohl dieser seit 2011 um fast 40% teurer geworden ist, bleibt die Arbeitslosigkeit bei niedrigen 3%. Da scheint die Bürgerbeteiligung sich positiv auf die Politik auszuwirken. Dort ist die Realdemokratie auch am weitesten fortgeschritten.
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